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Schuldgefühle nach einem Kaiserschnitt.

„…ich habe Angst, das sich ihre Angst auf mich überträgt und dann auf das Kind und dann klappt das vielleicht mit der Geburt nicht so perfekt….“

Alle Lebenskraft fühlte sich wie weg an.

Heute möchte ich gern ein Beispiel aus meiner Praxis mit Dir teilen, welches zeigt wie kraftvoll und heilsam der Weg der körperorientierten Arbeit ist. Hier geht es in erster Linie um das Thema Geburt, aber ich zeige anhand dessen, wie wichtig dass Aufdecken von Altlasten, Ängsten und Kopfknoten für unsere Gesundheit, für unsere Beziehung zu uns selbst und anderen ist. Besonders auch die zu unseren Müttern und Vätern.

Raum für die oft unerwarteten unangenehmen Gefühle finden.                                     Vor Kurzem habe ich mir (mal wieder) einen Dokumentarfilm in der ARD Mediathek zum Thema Kaiserschnitt angesehen. Ich muss sagen, es hat mich sehr bewegt, was ich dort gesehen habe: Zum einen eine totale Ausblendung des körperlich-seelischen Erlebens von Mutter und Kind, zum anderen der Versuch dorthin wieder zurück zu kehren und zum Dritten die Verzweiflung der Frauen (und teilweise auch Väter), die in der Klinik waren und einen Kaiserschnitt    (mit-)erlebt haben und danach kaum Raum finden, um ihren oft unerwarteten unangenehmen Gefühlen Raum zu geben. Gefühle, die sie umtreiben sind oftmals Schuldgefühle, Scham, unausgedrückte Wut und Abwehrreaktionen (aufgrund von Gefühlen der Überwältigung) und wenig Gefühl für ihr Kind. Auch Väter fühlen oftmals Wut, Ohnmacht oder Enttäuschung und auch das kann sich auf die kleine Familie auswirken wenn es nicht ausgedrückt werden kann oder darf. Hier kann es dann auch sein, dass die verborgene Aggression dann durch das Kind ausgedrückt, also gespiegelt, wird; zum Beispiel durch wütendes Zerren an der Brust o.Ä.

Es muss richtig laufen!
Auf der anderen Seite, gibt es viele Frauen (und Männer), die mehr wissen wollen, sich ausgiebig mit dem Thema vor der Geburt ihres Kindes beschäftigen und sich so stark unter Druck setzen, dass die Geburt jetzt ‚richtig‘ laufen m u s s. Durch diesen Perfektionismus wird ein unheimlicher ‚Leistungsanspruch‘ aufgebaut, der mit Natürlichkeit auch nichts mehr zu tun hat. Beide Extreme – „Kaiserschnitt um jeden Preis bzw. ich beschäftige mich damit und es macht mir Angst, was für Konsequenzen es haben kann“, tun nicht gut. 180 degrees of sick remains sick.

Mein Fazit ist zunächst also Folgendes (und das gilt für alle Lebenssituationen):
Unabhängig von dem was passiert (ist), finde zunächst zu einer offenen und entspannten Natürlichkeit zurück um nicht von Angst getrieben zu sein – egal ob die Angst aus einem Leistungsanspruch erwächst oder aufgrund eines Schuldgefühls forciert wird.

Wie geht das?
Das geschieht zum Einen, in dem wir in die Ruhe gehen (Schlafen, allein sein, uns aus einer Situation kurz rausziehen, um Bedenkpause bitten und kurz Atem holen…) und zum Zweiten, in dem wir uns ganz aussprechen (auch das Hässliche, Schreckliche, Schambesetzte) und diese Gefühle körperlich erleben. Denn hinter diesen Pseudogefühlen wie Schuld verbergen sich oft auch alte Glaubensmuster aus der Kindheit, spielt vielleicht die eigene Geburtsgeschichte mit hinein bzw. können echte Gefühle von Trauer und Scham, die durch das Pseudogefühl verdeckt werden, gezeigt werden. Ich nenne es Pseudogefühl, weil sich dahinter ein anderes verbirgt. Pseudogefühle schneiden uns von einem guten Kontakt ab: Mit uns Selbst und anderen. Es unterbindet ein kraftvolles JA! zu unserem Leben! Genau das, was viele Mütter befürchten tritt somit ein: „Ich spüre keine Verbindung zu meinem Kind“, „Ich spüre gar nichts!“.

Schlechte Gefühle entlassen und besser heilen.
Auch in meiner Praxis habe ich das schon erlebt und ich spüre wie wichtig es mir ist, dafür da sein zu wollen, denn ich weiss, dass dieser Zustand recht schnell erlöst werden kann. Einen Raum zu geben, in dem alle Gefühle ausgesprochen und erlebt und somit integriert werden können. Für Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, eine Fehlgeburt, eine schwierige Geburt und danach leiden.

Durch die (innere) Ablehnung des Kaiserschnitts heilt die Narbe oftmals auch schlechter. KlientInnen sind oftmals überrascht um wie viel besser die Heilung voranschreitet, nachdem wir ihre ’schlechten Gefühle‘ entlassen haben.

Und last but not least
Nicht zu vergessen ist auch, dass der Kaiserschnitt immer noch ein medizinischer Eingriff! ist und hier oft Gefühle von Angst, Überwältigung, Betäubung und Schmerz mit hineinspielen.

Beispiel aus meiner Praxis
Gern möchte ich nun ein Beispiel aus meiner Praxis mit Dir teilen. Hier zeigt sich wie alte (kindliche) Muster und Ängste auch in Bezug auf die Eltern einen Druck aufbauen, der gar nicht nötig wäre:
Eine hochschwangere Klientin sitzt etwas gedrückt und traurig vor mir. Sie macht sich viele Sorgen um die bevorstehende Geburt:

„Diesmal muss es doch perfekt sein!“(Es darf einfach kein Kaiserschnitt sein!) Dann erzählt sie mir, dass ihre Mutter eine Woche vor dem Geburtstermin zu Besuch kommen will, aber, dass das in ihr großen Stress und sogar Angst auslöst:„Es muss bis dahin alles perfekt in meiner Wohnung sein!“ Es muss… ich muss… wir müssen! „Und ja, sie (ihre Mutter) ist immer so leicht erregt und ich habe Angst, das sich das auf mich überträgt und dann auf das Kind und dann klappt das vielleicht mit der Geburt nicht so perfekt….“

So schiessen die Gedanken förmlich aus ihr heraus. Ich bitte sie einen Moment die Augen zu schliessen, ihren Körper zu spüren, ihr Kind. Nachdem sie mehr im Spüren angekommen ist, bitte ich sie ihre Mutter vor sich zu sehen. Sie bricht in Tränen aus und sagt: „Ich vermisse sie so!“ Ich folge dem weiter und sage:„Bitte stell‘ Dir vor sie tritt jetzt zu uns in den Raum, was würdest Du wohl zu ihr sagen, was würdest Du vielleicht tun?“ Sie weint zunächst intensiver und sagt dann: „Ich würde ihr sagen, dass ich sie vermisse und dass ich mich total freue sie zu sehen!“ Diese gefühlte Freude löst die alten Glaubensmuster und Kopfknoten! (Bsp.: Ich muss perfekt sein damit ich ihre Anerkennung erhalte) auf; weitere Tränen unterstützen diesen klärenden Prozess. Diese Sitzung ging‘ dann natürlich noch um Einiges weiter. Aber am Ende hatte sie eine wichtige Erkenntnis:
„Höre auf Akzeptanz zu suchen – fang‘ an (andere) zu akzeptieren.“

Ein paar Wochen lang hörte ich nichts, aber vor ein paar Tagen erhielt ich eine Nachricht, die mich zu Tränen rührte:

(…)Bevor das Baby auf die Welt gekommen ist, hatte ich Gelegenheit einen neue Verbindung zu meiner Mutter aufzubauen. Wir verstehen uns jetzt richtig gut und ihre Anwesenheit hat mir sehr viel Kraft gegeben. Es hat definitiv einen grossen Unterschied gemacht, dass ich nicht konstant nach ihrer Akzeptanz gesucht habe bzw. nicht dauernd Ausschau danach gehalten in welcher Art und Weise sie mich nicht akzeptiert und ich stattdessen sie akzeptiert habe, so wie sie ist. Ich fühle mich sehr ausgeglichen und glücklich…Danke…!“

Die Geburt ihres Kindes verlief problemlos und schnell. Eine Spontangeburt – wie sie es sich gewünscht hatte.

Generell, bin ich natürlich nicht gegen einen Kaiserschnitt. Er kann Leben retten, aber früher wurde er nur dann gemacht wenn es wirklich notwendig war. Das ist schon ein Unterschied. Viele Frauen glauben, ein Kaiserschnitt ist ‚einfacher‘, stellen aber oftmals hinterher fest, dass dem gar nicht so ist. Aber das ist ein Thema für einen weiteren Artikel.

Mit friedlichen Grüssen,

Katrin Kelly

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